Das Thema hochsensibel und Business nimmt immer mehr Fahrt auf. Was mich lange verwirrte, war die Vermischung von hochsensibel und hochsensitiv sein. Es kann vorkommen, dass du als hochsensibler Mensch auch hochsensitiv bist. Das ist aber nicht zwingend so. Was es bedeutet hochsensibel zu sein und welche Gefahren das beinhalten kann, erfährst du in diesem Beitrag.
Hochsensibel zu sein wird heute gleichgesetzt mit hochsensitiv sein. Doch es ist nicht identisch. Hochsensitiv sind Menschen, die über den 6. und 7. Sinn verfügen bis hin zu medialen Fähigkeiten in verschiedenen Ausprägungen. Ausserdem beinhaltet es ein überaus hohes Mass an Empathie. Hochsensibilität bezieht sich auf die Hochbegabung unserer 5 Sinne. Das bedeutet noch lange nicht, dass ein hochsensibler Mensch auch überaus empathisch ist. Hingegen sind hochsensible Menschen oft auch vielbegabt wie hochsensitive Menschen.
Bei mir selbst treffen hochsensibel, hochsensitiv und vielbegabt zu. Für mich war das lange Zeit eine Mischung, durch die ich mich sehr fremd fühlte. Als Kind denkt man, dass einfach alle Menschen etwa gleich sind. Also erzählen Kinder fröhlich einfach alles. Mein Umfeld hat mich nicht verstanden und war recht überfordert mit mir. Das hat mich ruhig werden lassen. Ich hatte das Gefühl „mit mir stimmt etwas nicht“.
Erinnerungen und bildhafte Vorstellung
Hochsensible Menschen haben ein sehr gutes, oft bildhaftes Erinnerungsvermögen auf allen Sinnesebenen. Ich weiss noch genau wie es war als ich in meinem Gitterbett geübt habe aufzustehen oder wie es sich anfühlt, Zähne zu bekommen. Mein Lieblingsbeissring war ein leicht gelber Gummihase mit einem weissen, gerillten Ring. Ich erinnere mich daran, wie er sich anfühlte und an seinen Geruch. Was sind deine ersten Erinnerungen deiner Kindheit?
Wenn ich das jemand anderem erzählte, dachten sie ich erfinde einfach Märchen. Erst viel später wurde mir klar, dass sich viele Menschen nur an Ereignisse ab dem 5. oder 6. Lebensjahr bewusst erinnern können. Hochsensible Menschen sind feinfühliger und nehmen einfach mehr wahr. Sehr oft können sie sich eben weit zurück erinnern.
Die überaus geschärften 5 Sinne
Unsere fünf Sinne sehen (Auge), hören (Ohr), riechen (Nase), schmecken (Zunge) und fühlen (Haut/Körper) helfen uns dabei, ein gutes und sicheres Leben zu führen. Fällt etwas davon aus, oder ist viel schwächer, prägen sich unsere anderen Sinne stärker aus.
Bei hochsensiblen Menschen sind diese Fähigkeiten sehr viel ausgeprägter und lassen dadurch intensivere Sinnesreize durch. Der Filter ist, je nach Grad der Hochsensibilität, unterschiedlich niedrig gegen diese vielen Reize unseres modernden Lebens eingestellt.
Nicht jeder hochsensible Mensch hat seine fünf Sinne gleich stark ausgeprägt. Eines ist aber klar: Die stärkere Ausprägung lässt dir alles viel intensiver erscheinen, als es für andere ist!
Heutige Reizüberflutung
Da deine Sinne stärker auf alle äusseren Reize reagieren, kann dir die Welt sehr schnell zu laut, zu grell, zu kratzig und zu stinkig erscheinen und das Essen als zu salzig, zu süss, zu sauer, einfach eklig. Was für „normale“ Menschen völlig ok ist, ist für dich schon zu viel. Noch heute ist es mir im Kino viel zu laut. Gleich war es für mich in der Disco oder noch immer an Konzerten.
Hochsensibel sein und Business
Für hochsensible Menschen ist das Arbeitsumfeld oft eine Herausforderung. Grossraumbüros sind wie Gift für hochsensible Menschen. Wenn du hochsensibel bist, brauchst du nach einem Tag im Grossraumbüro deine Ruheoasen, um wieder zu dir selbst zu finden. Auch das Homeoffice kann für dich zu einem Spiessrutenlauf werden, wenn deine Familie dauernd um dich herumwuselt. Auch hier ist es wichtig, dir deine Auszeiten zu nehmen. Sonst wirst du für dein Umfeld ungeniessbar .
Sprich lauter, wenn du gehört werden willst
Hochsensible neigen oft dazu leise zu sprechen und das wird oft als schüchtern oder unsicher angesehen. Dazu kommt, dass dich andere nur schwer verstehen. Willst du gehört werden, beginne lauter zu sprechen. Das mag für dich anfangs völlig fremd sein aber hey, versuch es einfach mal :).
Wähle Menschen, die zu dir passen
Wenn du dein eigenes Geschäft hast, kannst du es dir auswählen, mit wem du arbeiten willst. Nun wirst du mir erklären, dass du Kunden brauchst. Ja klar aber wenn du mit Menschen arbeitest, die dir nicht liegen, wird das auch nichst.
Geht es um einen Job, kannst du dir das Team nicht immer aussuchen. Umso wichtiger ist es, dass du dich mit deinen Chefs verstehst. Auf jeden Fall ist es für dich besser, du suchst dir einen neuen Job, als dass du in einem Umfeld krank wirst, das dich nur noch belastet.
Deine Augen – ich sehe mehr wie alle anderen
Hast du ein ausgeprägtes Sehen, kann es sein, dass du mühelos und ohne Hilfsmittel perspektivisch zeichnen kannst. Es kann auch sein, dass dir viele Farben einfach zu grell sind und sogar Schmerzen in deinen Augen verursachen können. Genau gleich empfindest du das Sonnenlicht als intensiver und brauchst viel eher eine Sonnenbrille als andere Menschen. Du hast ein gutes Auge für Details, die anderen nicht auffallen. Du nimmst Farben und ihre Variationen ganz anders wahr. So kann für dich einiges disharmonisch wirken, das andere nicht einmal bemerken.
Gefahr:
Siehst du zu viel, das dir nicht gefällt, zu bunt, zu grell ist oder dich sonst irgendwie überfordert, wirst du es schaffen, dein Sehvermögen zu reduzieren. Zum Beispiel siehst du Probleme, die andere nicht wahrnehmen und hast das Gefühl du kannst das nicht ändern. Auch das gehört zu, „zu viel sehen“.
Dein Gehör – ich höre was, das du nicht hörst
Bei einem hochsensiblen Gehör empfindest du alles als viel lauter. Kampfjets können dir regelrecht Ohrenschmerzen verursachen. Zu laute Musik macht dich fertig und die lauten Gespräche und das Lachen in öffentlichen Räumen nerven dich. Du hörst mehr Frequenzen als andere Menschen. Das bedeutet, dass du auch Geräusche hören kannst, die andere gar nicht wahrnehmen. Kennst du den Ausdruck „das absolute Gehör“? Einige Dirigenten, Musiker und Sängerinnen haben dies. Es bedeutet, dass du jeden kleinsten Misstön hörst oder Melodien auf anhieb richtig nachsingen oder nachsummen kannst.
Gefahr:
Du musst viel mehr aufpassen, keinen Gehörsturz zu erleiden. Wenn du lange in einer Umgebung von nörgelnden Menschen sein musst, solltest du dich aus dem Staub machen. Es kann sein, dass du dir sonst etwas einfallen lässt, um nicht mehr so gut zu hören. Denn dein Gehör ist überaus geschärft und du nimmst die „Unter- und Zwischentöne“ viel mehr wahr. Auch Baulärm kann dir den letzten Nerv rauben, wenn du ihm nicht entfliehen kannst. Um mich bei der Arbeit besser konzentrieren zu können, kann ich Geräusche um mich herum ausblenden. Keine Ahnung wie ich das mache, es funktioniert einfach. Hingegen richtig laute Geräusche, bereiten mir Schmerzen. Kennst du das auch?
Riechen – Geruchsinspiration pur
Ausgeprägtes Riechen bedeutet, Düfte und Gerüche die „normale“ Menschen als völlig normal empfinden, können bei dir Brechreiz auslösen. Du empfindest den Körpergeruch von anderen Menschen viel eher als störend oder lästig. Parfüm kann dir sehr schnell als völlig übertrieben aufgetragen vorkommen und sogar einen Hustenreiz auslösen.
Du wählst dir Restaurants sehr sorgfältig aus, um nicht einer unangenehmen Geruchsexplosion ausgesetzt zu sein. Daneben nimmst du auch Düfte wahr, die dich inspirieren, Erinnerungen wachrufen und dir den Alltag verschönern. Durch deinen feinen Geruchssinn hast du auch einen verstärkten Geschmackssinn. Nase und Mund sind miteinander verbunden. Üble Gerüche hast du also auch im Mund und kannst dem nicht entfliehen. Das kann für dich als unglaublich störend empfunden werden.
Gefahr:
Bist du mit Menschen zusammen, die dich nerven, so kannst du sie wirklich nicht mehr riechen. Je mehr sie dich stören, je mehr stört dich ihr Geruch. In einer Umgebung, in der du nicht mehr gerne bist, beginnt dir alles zu stinken. Willst du diese unangenehme Umgebung oder den Menschen nicht verlassen oder etwas verändern, wirst du deinen Geruchssinn dezimieren. Das gibt wunderbare Möglichkeiten dafür, wie dies dein Körper für dich umsetzt. Ich habe mir dafür eine chronische Nasendach-Entzündung gewählt. Es dauerte recht lange, bis ich erkannte, warum ich diese sozusagen „über Nacht“ hatte.
Guter Geschmack oder warum Liebe durch den Gaumen gehen kann
Sind deine Geschmacksnerven überaus ausgeprägt, wirst du viel eher einzelne Gewürze in einem Essen benennen können. Du reagierst empfindlich auf sauer, süss und bitter. Was andere Menschen als völlig ok einstufen, ist für dich sehr viel schneller fast schon eine Zumutung. Als Koch oder Sommelier bist du extrem fähig zu erkennen, was gut ist, was zusammenpasst und was einfach nicht geht. Neue Geschmackskompositionen zu ertüfteln ist für dich kein Problem.
Du kannst einem Geschmack auf deiner Zunge regelrecht verfallen und danach süchtig werden. Liebe geht also mehr durch Nase und Gaumen als durch den Magen.
Gefahr:
Du wirst oft nicht verstanden, wenn dir ein Essen oder ein Getränk nicht schmecken. Es ist für dich schnell klar, ob ein Wein gut ist oder Zapfen hat. Dafür wirst du vielleicht oft belächelt und dir wird nicht geglaubt, weil andere es einfach nicht schmecken können. Bist du dir dessen nicht bewusst, wirst du mit der Zeit einfach nichts mehr sagen. Es kann sein, dass du das Gefühl hast, dass du ständig angegriffen wirst und als Nörgler oder Nörglerin abgestempelt wirst. Du beginnst an dir zu zweifeln, weil doch alle rund um dich herum so anders ticken.
Fühlen – das geht mir unter die Haut
Ein überaus sensibles Fühlen bedeutet, dass du Stoffe und Wollprodukte sehr sorgfältig auswählst. Denn dich kratzen, jucken und beissen Stoffe, Wolle aber auch Cremes, Lotions, Waschmittel und Weichspüler sehr viel schneller. Du leidest eher an trockener und geröteter Haut wie andere, wenn du gestresst bist.
Vielleicht merkst du bei Stress und Nervosität, dass sogar schon Wasser auf deiner Haut juckende Rötungen verursachen kann. Es kann gut sein, dass du Berührungen oft als unangenehm empfindest. Umarmungen können dir vorkommen, wie in eine Zwangsjacke gesteckt zu werden. Ganz allgemein können dir Berührungen von Menschen einfach unangenehm sein. Du brauchst erst einmal Vertrauen, bis du jemanden näher an dich heranlässt. Gerade in unserer Bussi-Bussi-Gesellschaft wird das oft nicht verstanden. Du bist empfindlicher auf Schmerz und Druck auf der Haut. Unangenehme Gerüche und Geräusche können dir Schmerzen, Jucken und Kribbeln auf und unter der Haut auslösen.
Gefahr:
Du wirst oft als zickig oder mimosig eingestuft. Du wirst nicht verstanden, dass du es nicht toll findest, einfach mal berührt oder umarmt zu werden. Es kann sein, dass du dich schützt indem du schroff und kratzbürstig wirst. Du entwickelst deine ganz eigene Strategie, um dir die Menschen auf vielerlei Arten „vom Leib“ zu halten. Dein „schwieriges“ Verhalten wiederum verletzt und verstört und andere Menschen und sie beginnen dir aus dem Weg zu gehen. Dann hast du deinen Ruf als „etwas schwierig“ auch weg. Klar, dass dir mit diesem Vorurteil andere Leute eher aus dem Weg gehen als dich mit offenen Armen zu begrüssen. Du strahlst den „Stacheldraht“ um dich herum aus. Meine Tochter hat das definitiv perfektioniert. Sie hat es ganz gut drauf freundlich-distanziert zu sein, ohne arrogant oder abweisend zu wirken.
Die Vorteile
Für viele Berufe sind diese überaus empfindlichen Sinne ein grosser Pluspunkt. Wer über das absolute Gehör verfügt kann sehr schnell selbst eine anspruchsvolle Melodie fehlerfrei nachsingen oder ein Instrument nach Gehör lernen. Noten werden da fast schon als lästige Zumutung empfunden. Ein Dirigent mit dem absoluten Gehör, hört jeden kleinsten Fehler, jede Unstimmigkeit.
Auch Maler, Bildhauer, Architekten, Sommeliers und Köche profitieren
von ihren ausgeprägten Sinnen.
Wer über diese hochsensiblen Sinne verfügt hat sehr oft eine ausgeprägte Vorstellungskraft und weiss instinktiv was zusammenpasst und was nicht. Wie etwas aussehen soll oder aussehen wird. Je nachdem, welche Sinnesorgane die grösste Ausprägung haben, sind die Interessen unterschiedlich gelagert.
Sind Hochsensible automatisch überaus empathisch?
Teilweise, aber nicht immer. Die stärker ausgeprägten Sinnesorgane können eine überdurchschnittlich hohe Empathie beinhalten, müssen aber nicht. Im Gegenteil können Hochsensible sehr harsch, ruppig und nicht einfühlsam mit anderen Menschen umgehen. Sie haben Mühe, sich auf andere einzulassen und deren Bedürfnisse neben den eigenen zu berücksichtigen.
Ich hatte viel mit Künstlern zu tun und bemerkte, dass sie echte Mimosen sein können, die daneben mit anderen alles andere als sensibel umgehen.
Hochsensible können echte Egoisten werden
Hochsensibilität kann in einen sehr ungesunden Egoismus mit narzisstischen Zügen ausarten. Nachbarn und eigene Familie dürfen sich kaum mehr bewegen, denn alles wird als persönliche Beleidigung und als störend empfunden. Die eigenen Bedürfnisse stehen dann so im Vordergrund, dass es in ein sehr rücksichtloses und unempathisches Verhalten ausartet.
Hochsensibilität ist eine Form der Hochbegabung. Es ist oft zu sehen, dass Hochbegabte gerade im sozialen Verhalten durch die mangelnde Empathie auffällig sind . Hochsensibilität bedeutet nicht automatisch, dass eine hohe Empathie vorhanden ist.
Herausforderungen
Die grösste Herausforderung ist es zu erkennen, dass der Rest der Menschheit nicht hochsensibel ist. Dass diese Menschen gar nicht nachvollziehen können, wie sich das Leben als hochsensibler Mensch anfühlt. Es kann auch niemand nachfühlen wie es ist Migräne zu haben, wenn nicht einmal leichte Kopfschmerzen bekannt sind. Nur etwa 20% der Menschen sind hochsensibel. Wenn du zu diesen 20% gehörst, umgeben dich 80% „normale“ Menschen.
Hochsensible können sich nicht vorstellen, wie sich das Leben der nicht hochsensiblen Menschen anfühlt. Hier kann nur durch eine klare und anschauliche Kommunikation eine Brücke gebaut werden. Eine Gefahr die besteht ist, dass hochsensible, hochsensitive und vielbegabte Menschen schon in der Familie gemobbt werden. Einfach, weil sie anders sind und so gar nicht zum Rest der Familie passen. Hattest du in deiner Familie das Gefühl, dazu zu gehören oder warst du eher ein „Fremdling“?
Ruheoasen
Eine weitere Herausforderung ist es zu akzeptieren, dass mehr Ruheoasen gebraucht werden um sich von allen Reizen zu erholen. Wieder in seine Mitte zu finden. Wie das genau aussieht ist unterschiedlich. In der Natur, an einem Fluss, Bewegung, Sport in der Meditation oder in der Malerei oder Musik. Was tut dir als Hochsensible gut? Wie kannst du dir das in dein Leben einbauen? Dies sind wichtige Fragen.
Shopping-Center waren für mich schon immer eine Herausforderung und sie ermüden mich schnell. Je älter ich werde, je mehr merke ich das. Obwohl es in Städten auch laut und «wild» zu und hergeht macht mir das persönlich weit weniger Probleme. Nicht dass ich mir vorstellen kann mitten in einer turbulenten Stadt zu leben. Das wäre mir dann doch zu viel Stadt.
Die eigene Berufung finden
Oft sind hochsensible Menschen auch vielbegabt. Was nicht zutrifft, dass hochsensible Menschen automatisch introvertiert sind. Es gibt genügend hochsensible Menschen, die extravertiert sind und die Gesellschaft von andern brauchen. Einfach gut dosiert um sich wieder zu erholen. Die grosse Gefahr ist dann, dass die Hochsensibilität nicht wahrgenommen oder ernst genommen wird.
Damit du deine Berufung findest, kann ich dir nur empfehlen, dich selbst zu beobachten. Was begeistert dich, was machst du super gerne und welche Interessen ziehen sich wie ein roter Faden durch dein Leben. Durch diese Aspekte kannst du ganz gut herausfinden was dich erfüllt. Ob du dies dann beruflich ausübst oder als Hobby, ist ganz individuell. Einen Beruf zu erlernen oder ein Studium zu absolvieren heisst noch lange nicht, dass es das ist, was dich erfüllt.
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